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Drei Windparks sollen vor der Küste Frankreichs ans Netz gehen. Doch bis es soweit ist, müssen etliche Hindernisse überwunden werden. So etwa beim Verlegen der Unterwasserkabel in der Nordsee, wo noch Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg lauern. Damit das Projekt zeitlich und finanziell im Rahmen bleibt, ist TÜV Hessen vom künftigen Betreiber RTE mit dem Projektmanagement beauftragt worden.

Windparks in Nord- und Ostsee leisten einen großen Beitrag, damit die Klimawende in Europa noch gelingen kann. Allein für Deutschland gilt das ambitionierte Ziel, bis ins Jahr 2030 so viele Offshore-Anlagen ans Netz zu bekommen, dass mit der Gesamtleistung bis zu 20 Millionen Haushalte mit sauberem Strom versorgt werden können.

Das Markenzeichen „Hoffnungsträger“ hat sich die Windkraft auf der See auch deshalb verdient, weil die Energieerzeugung vor der Küste etliche Vorteile gegenüber Windparks an Land bietet. So kann man nicht nur davon ausgehen, dass auf hoher See höhere Windgeschwindigkeiten erzielt werden. Sondern der Wind weht auch deutlich stetiger und damit verlässlicher. Daher können Offshore-Windparks nach Meinung von Experten im Verhältnis doppelt so viel Strom produzieren wie vergleichbare Anlagen an Land.

Erhebungen haben darüber hinaus gezeigt, dass Offshore-Windparks an mehr als 90 Prozent des Jahres umweltfreundlichen Strom produzieren. Ein hoher Wert, was die Windenergie auf hoher See zu einer grundlastnahen Erzeugungsform auf Basis erneuerbarer Energie werden lässt. Damit haben die Parks vor der Küste einen wichtigen Anteil daran, dass der Umstieg hin zu Erneuerbaren Energien und weg von nuklearen und fossilen Energieträgern gelingen kann.

 

Offshore Windparks an der französischen Küste

An einem konkreten Projekt ist derzeit TÜV Hessen beteiligt. In der Nordsee, etliche Kilometer entfernt von der französischen Küste, lässt derzeit der Netzbetreiber und Großkonzern RTE aus Frankreich drei Windparks installieren und mit dem Netz an Land verbinden. Allein der erste Park setzt sich aus 80 Windrädern zusammen, die jeweils eine Leistung von 6 Megawatt liefern sollen. Der zweite Windpark soll es gar auf eine Gesamtleistung von rund 500 Megawatt bringen. Mit dieser Energiemenge, davon geht man heute aus, lässt sich der häusliche Stromverbrauch von rund 770.000 Personen decken.

Doch bis auch wirklich Strom fließt, ist es ein weiter Weg – mit etlichen Hindernissen. Daher hat RTE zur Realisierung des Gesamtprojekts TÜV Hessen an Bord geholt und mit dem Project Management Office (PMO) betraut. Seit 2019 nimmt die spanische Projektingenieurin Tatiana Sánchez Martínez diese Aufgabe wahr. Die Maschinenbauingenieurin, die von TÜV SÜD ATISAE zu TÜV Hessen wechselte, behält stets den Überblick, egal welche Veränderungen sich während der Realisierung des Projekts ergeben.

Tatiana Sánchez Martínez hält engen Kontakt zu den anderen Subunternehmen, die allesamt dazu beitragen, dass die Windräder auch tatsächlich mit dem Festland verbunden werden. Es geht darum, das Verlegen von Unterwasserkabeln zu planen, auszuführen und zu überwachen. Und da lauert die Gefahr unter der Wasseroberfläche, genauer: am Meeresboden. Denn dort liegt explosiver Kriegsschrott, wie tonnenweise in weiten Teilen der Nordsee auch. Die einstige Sorglosigkeit beim Abwurf oder Versenken von Bomben und Munition gefährdet Jahrzehnte später nicht nur den Schiffsverkehr und die Fischerei, sondern auch das Verlegen der Unterwasserkabel.

 

Projektmanagement unter schwierigen Bedingungen

Was in der Vorbereitung eine aufwendige Angelegenheit ist. Denn der Verlauf der künftigen Kabeltrasse muss großräumig nach Blindgängern abgesucht werden. Dazu laufen Schiffe und Boote aus, auf denen sich Experten für das Detektieren und die Entschärfung von nicht-explodierter Munition befinden ebenso wie Geophysiker und Vertreter von RTE. Mithilfe eines Tauchers und der Crew an Bord wird ein kreisförmiges Suchfeld über Sonar aufgebaut. Doch der beste Plan im Voraus kann schon mal drohen, über Bord geworfen zu werden. Schließlich lässt sich das Wetter auf hoher See nicht vorhersehen. „Die meisten Arbeiten werden direkt in der Nordsee ausgeführt, weshalb die Boote samt Mannschaft mit schwierigen Wetterbedingungen zurechtkommen müssen“, sagt Sánchez Martínez.

So müssen die Schiffe hin und wieder wegen hohen Seegangs in den Hafen einlaufen, was dazu führen kann, dass sich das gesamte Projekt verzögert. In solch einem Fall ist die TÜV Hessen-Mitarbeiterin gefordert, alle Prozesse und Zeitschienen im Blick zu behalten und die Pläne an die Realität anzupassen. Zudem bringt ein von ihr erstellter monatlicher Report den Auftraggeber immer auf den neuesten Stand der Entwicklungen. Sánchez Martínez hat ebenfalls zu jeder Zeit ein besonderes Augenmerk auf die finanzielle Seite des Gesamtprojekts. Damit die Budgetierung nicht aus dem Ruder läuft.

Ende 2023 soll auch der letzte der drei Windparks ans französische Netz gehen. So lautet das ehrgeizige Ziel. Damit schon bald noch mehr umweltfreundlicher Strom in den Haushalten ankommt.