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Tatiana Sanchez Martinez betreut im Projekt Management Office zahlreiche internationale Großprojekte. Im Gespräch berichtet die Ingenieurin von ihrem Weg zu TÜV Hessen – und weshalb der International Womens Day nach wie vor eine hohe Relevanz besitzt.

Wie oft haben Sie schon den Spruch „Frauen und Technik“ gehört?
Tatiana Sanchez Martinez: Während meines Studiums habe ich glücklicherweise keine schlechten Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht oder wurde abwertend behandelt. Aber es stimmt, dass von Frauen immer mehr Leistung verlangt wurde. Ich habe den Druck schon in der Schule bemerkt, weil ich mehr Wissen als meine Klassenkameraden vorweisen musste.

Aber sonst habe ich solche Sprüche auch gehört. Meistens mit der Absicht, einen Witz zu machen, in der Annahme, dass Frauen nichts von Technik verstehen.

 

War Ingenieurin schon immer Ihr Traumberuf?
Tatiana Sanchez Martinez: Nein. Ich war mir seit meiner Kindheit eigentlich nie im Klaren darüber, was ich werden wollte. Ich wollte mich nur dafür einsetzen, die Natur zu erhalten. Das mache ich jetzt auch: als Mitglied einer Umweltorganisation in meiner Heimatstadt.

 

Wie kam es zur Wahl Ihres Studiums?
Tatiana Sanchez Martinez: Etwas, das ich seit meinem Aufenthalt in Deutschland beobachten konnte und das ich auch in Spanien gerne sehen würde, ist die Unterstützung seitens der Schule, um herauszufinden, wofür man Talent hat und womit man sich beschäftigen möchte. Denn ich hatte diese Unterstützung nicht und bin deshalb aus den Naturwissenschaften in den technischen Bereich gewechselt.

Ich habe schließlich Ingenieurwesen studiert. Mein Vater ist Schiffbauingenieur. Ich glaube, das hat mich ein bisschen beeinflusst. Außerdem habe ich Maschinenbau damals einen der umfassendsten Ingenieurstudiengänge wahrgenommen.

 

Wie kam es zu Ihrem Einstieg bei TÜV Hessen?
Tatiana Sanchez Martinez: Ich wollte schon lange für eine gewisse Zeit in Deutschland leben, vor allem nach meinem Praktikum in Berlin. Obwohl ich es direkt nach Abschluss meines Studiums versuchte, hat es zunächst nicht geklappt, hier einen Job zu finden. Nachdem mein spanischer Arbeitgeber Atisae von TÜV SÜD gekauft wurde, habe ich mein Interesse gezeigt, in Deutschland zu arbeiten. Ich konnte mich schließlich bei TÜV Hessen vorstellen und so endlich mein Ziel erreichen.

 

Welche spannenden Aufgaben haben Sie im Projekt Management Office?
Tatiana Sanchez Martinez: Das besonderste Projekt ist zweifellos das Management und die Projektleitung von drei Offshore-Windparks in Frankreich. Es ist mein erstes Projekt und zudem der Hauptgrund, weshalb ich hier arbeite. Weil das Projekt so komplex ist, musste ich viele Hindernisse überwinden und bin dadurch beruflich gewachsen. Es ist schon komisch, dass man am Ende eine Aufgabe liebt, die einen so sehr herausgefordert hat!

 

Was fasziniert Sie an Ihrer Arbeit?
Tatiana Sanchez Martinez: Es gefällt mir sehr gut, dass ich in einem multikulturellen Umfeld arbeite. Meine Arbeit ist nicht auf Deutschland, sondern auf einen beliebigen Teil der Welt ausgerichtet und gibt mir daher die Möglichkeit, mit neuen Menschen aus der ganzen Welt zu sprechen und neue Leute und Kollegen kennenzulernen. Und es ist eine sehr wertvolle Erfahrung, dass ich in meinem Büroalltag Deutsch sprechen muss.

Zudem spielt es keine Rolle, wie ich meinen Arbeitstag plane, denn es kommt immer ganz anders! Ich muss auf alle möglichen Situationen vorbereitet sein und wissen, wie ich schnell reagieren kann.

 

Was war bis heute Ihre größte Herausforderung?
Tatiana Sanchez Martinez: Es ist unmöglich, nur eine Herausforderung zu nennen! Beim Arbeiten wird jede kleine Aufgabe größer, weil ich die Sprache nicht verstehe. Es war zum Beispiel schwierig, das Innenleben von TÜV Hessen zu verstehen und meine Aufgaben selbstbewusst zu erfüllen.

Zudem fiel meine Ankunft leider mit dem Beginn der Pandemie zusammen, was alles für mich zusätzlich verkomplizierte. Hinzu kommt die Anpassung an eine neue Stadt wie Darmstadt – und das besondere deutsche Wetter.

 

Welchen Rat geben Sie Frauen, die neu bei TÜV Hessen einsteigen?
Tatiana Sanchez Martinez: Ich würde ihnen auf jeden Fall sagen, dass es keinen Grund gibt, nicht bei TÜV Hessen zu arbeiten. Vom ersten Moment wurde ich von meinen Kollegen integriert und ich habe keine schlechten Erfahrungen gemacht. An alle Kolleginnen: Glaubt an euch selbst, arbeitet hart und gebt niemals auf.

 

Warum ist der International Women’s Day relevant?
Tatiana Sanchez Martinez: Ich wünschte, es wäre nichts Besonderes. Aber leider gibt es noch immer viele Gründe für Rechtfertigungen. Denn Frauen sind immer noch stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als Männer. Dazu gibt es immer noch ein Lohngefälle und es ist für Frauen viel schwieriger, auf der Karriereleiter aufzusteigen. Für viele Unternehmen ist es leider immer noch ein Problem, wenn Frauen Kinder bekommen. Und das sind nur einige Gründe, die sich nur auf das Arbeitsumfeld beziehen.