Sustainability

Auf dem Weg zu den Sternen brauchen Raketen viel Energie. Zur Versorgung der Antriebe kommt erstmals regenerativ erzeugter Wasserstoff zum Einsatz. TÜV Hessen hat die Anlage vor dem Start gründlich überprüft.

Raketentriebwerke gelten als die stärksten Motoren der Welt, eine Zündung der Ariane 5 erzeugt bis zu 30 Millionen PS. Dafür wird jede Menge Energie benötigt, denn die europäische Trägerrakete bringt Satelliten für verschiedenste Anwendungen in die Umlaufbahn. Als Treibstoff kommen Sauerstoff und flüssiger Wasserstoff zum Einsatz.

Weil die Triebwerke gigantische Kräfte erzeugen, müssen sie sowohl sicher als auch effizient arbeiten. Im baden-württembergischen Lampoldshausen betreibt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) deshalb umfangreiche Testanlagen zur Weiterentwicklung der Raketenantriebe für das Ariane-Trägersystem. Angesichts des Klimawandels stellte sich die Frage, wie der für die Tests benötige Wasserstoff nachhaltig erzeugt werden kann.

Grüner Wasserstoff

Wenn er mit erneuerbaren Energien erzeugt wird, ist Wasserstoff ein wertvoller Energieträger der Zukunft. Es gibt viele verschiedene Anwendungen, von der Stromerzeugung und den Wärmemarkt über den Einsatz in diversen Industriebranchen bis zur Mobilität. Dieses Potenzial wollte das DLR nutzen – mit dem nahegelegenen Windpark Harthäuser Wald gab es einen idealen Energielieferanten in der unmittelbaren Nachbarschaft. Die 18 Windräder erzielen insgesamt eine Leistung von 54 MWpro Jahr und sparen jährlich 140.000 Tonnen CO2 ein. Damit gilt die von der ZEAG Energie AG betriebene Anlage als einer der leistungsstärksten Windparks in Baden-Württemberg.

Um die Synergien des Windparks und der Wasserstoffinfrastruktur optimal nutzen zu können, gründeten DLR und ZEAG Energie das Projekt H2ORIZON. Das Projekt soll Perspektiven für eine schrittweise Dekarbonisierung des Energie- und Verkehrssektors aufzeigen und neue Wege der Energieversorgung eröffnen. Mit dem Einsatz beim DLR können aus den Erfahrungen der Raumfahrttechniker neue Erkenntnisse für andere Anwendungsbereiche gewonnen werden. Die ZEAG Energie AG bringt ihr Know-how zu Energieerzeugung und Speicherung in das Projekt mit ein.

Projekt H2ORIZON

Ausgangspunkt für die Wasserstofferzeugung ist der Windpark Harthäuser Wald. Die dort gewonnene Windenergie wird über eine Direktanbindung auf das H2ORIZON-Gelände am DLR-Standort Lampoldshausen geleitet. Dort entstand seit Projektstart 2018 eine neue Elektrolyse-Anlage, um grünen Wasserstoff zu produzieren. Mit der Polymer-Elektrolyt-Membran-Elektrolyse (PEM-Elektrolyse) werden Wassermoleküle mit Hilfe von elektrischem Strom aufgespalten. Anschließend wird der gewonnene Wasserstoff direkt genutzt oder für die spätere Verwendung gespeichert.

Vor Ort wird der regenerativ erzeugte Wasserstoff für die Forschung an den Ariane-Triebwerken genutzt. Eine weitere Verwendung soll der Energieträger in der Heizzentrale des H2ORIZON-Projekts finden. In zwei Gasmotoren-Blockheizkraftwerken (BHKW) wird zukünftig der Wasserstoff dem konventionellen Brennstoff Erdgas beigemischt werden. Der DLR-Standort wird somit klimaschonender als bisher mit Wärme und Strom versorgt.

Saubere und sichere Energie

Was in der Theorie einwandfrei funktioniert, muss auch in der Praxis sicher sein. Schließlich ist Wasserstoff ein hochexplosives Gas. Eine Gefährdungsanalyse bewertete deshalb auch potenzielle Schäden für Mensch, Umwelt und Gebäude. Nachdem der laufende Betrieb als geringes Risiko eingestuft wurde, konstruierte das britische Unternehmen ITM Power die Anlage nach den Vorgaben von ZEAG Energie.

Vor der Inbetriebnahme prüfte Rainer Weis von TÜV Hessen die Sicherheit der Anlage gemäß Druckgeräterichtlinie. Johannes Kunovits kontrollierte zusätzlich die funktionale Sicherheit, damit die komplexen verfahrenstechnischen Prozesse bei der Elektrolyse korrekt und unbedenklich ablaufen. Reinhard Schork überprüfte, ob die Betriebssicherheitsverordnung im Gefahrenfeld Druckgefährdungen eingehalten wurde und Matthias Findt war für die Prüfung vor Inbetriebnahme gemäß Betriebssicherheitsverordnung, Gefahrenfeld „Explosion“ zuständig.

Während der Überprüfung erarbeitete TÜV Hessen mit den Ingenieuren von ITM Power ein einheitliches Verständnis von Sicherheit. Dabei wurde gemeinsam überlegt, welche kritischen Betriebszustände auftreten können. ITM Power entwarf daraufhin Lösungen für die einzelnen Fälle und der Elektrolyseur konnte Anfang Mai 2022 schließlich den Betrieb aufnehmen. Die Anlage wird von TÜV Hessen mit wiederkehrenden Prüfungen auch weiterhin regelmäßig kontrolliert, damit der grüne Wasserstoff jederzeit sicher und umweltfreundlich zur Verfügung steht.


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