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Es ist ein Projekt der Superlative. Innerhalb von 30 Billiardstel Sekunden erzeugen Laser von ELI Beamlines mehr Leistung als alle Energieverbraucher weltweit.

Das Universum kennt keine Grenzen. Das EU Projekt „Extreme Light Infrastructure“ (ELI) mit Standorten in Rumänien, Ungarn und der Tschechischen Republik ebenfalls nicht. ELI Beamlines baut gerade in Dolní Břežany – in der Nähe von Prag – den weltweit ersten Petawatt-Laser (PW) mit 10 Hertz Repetitionsrate auf. Der 10 Petawatt-Laser wird mit 1.500 Joule die höchste Pulsenergie eines solchen Systems erreichen. „Wir wollen der Forschung die weltweit intensivsten Laser zur Verfügung stellen“, erklärt Dr. Georg Korn, Technisch-Wissenschaftlicher Direktor von ELI Beamlines, „damit wir synchronisierte und sehr kurze Röntgen- und Partikelstrahlung für Forschungsanwendungen bieten können.“ Davon sollen internationale Spitzenforscher profitieren, denn die Anlage wird ihnen Zugang zu einer Lasertechnologie ermöglichen, die über den aktuellen Stand der Technik weit hinausgeht. „Die unvorstellbare Leistung von einem Petawatt entspricht der Leistungsdichte, die man erzielen würde, wenn man mit einer gigantisch großen Lupe alles Sonnenlicht, das auf die Erde trifft auf 120 Mikrometer, also ein Haar, fokussieren würde“ sagt Dr. Georg Korn.   

ELI Beamlines betreibt vier verschiedene primäre Lasersysteme als Basis für verschiedene sekundäre Laser- und Teilchenquellen. Das Licht eines Hochintensitäts-Infrarotlasers erzeugt über nichtlineare optische Prozesse hochfrequente Röntgenpulse. Außerdem lassen sich bei ELI auch Elektronen, Protonen und Ionen – auf einer Strecke von wenigen Zentimetern auf eine Energie im Gigaelektronenvolt-Bereich beschleunigen. In einem Linearbeschleuniger würde dazu eine Strecke von rund einem Kilometer benötigt.

Beeindruckende Zahlen

Zwei von vier Lasersystemen sind bereits in Betrieb. Die beeindruckenden Parameter sind: einige 10 Millijoule, final 100 Millijoule in 13 Femtosekunden bei 1 Kilohertz Repetitionsrate, während das Flaggschiff, der sogenannte HAPLS-Laser, 30 Joule in 30 Femtosekunden mit  10 Hertz generiert. Die beiden anderen Beamlines befinden sich noch im Bau. Der 10 Petawatt Laser wird weltweit einzigartig eine Pulsenergie von 1.500 Joule in 0,15 Billionstel Sekunden erzeugen. In dieser kurzen Zeit legt Licht nur 45 Mikrometer zurück, die Strecke entspricht nicht mal der Breite eines Haares. Als Vergleich dazu legt Licht in einer Sekunde die Strecke zwischen Erde und Mond zurück.

Die Strahlen werden nach ihrer Erzeugung durch ein bis zu 107 Meter langes Vakuumrohrsystem zu den Experimentierkammern mit Präzisionslaserspiegeln transportiert. Ein Spiegel für den 1 PW-Laser wiegt 21 Kilogramm und für den 10 PW-Laser 180 Kilogramm. Damit die Experimente der Forscher reibungslos ablaufen können, ist maximale Sicherheit und Präzision eine der wichtigsten Voraussetzungen. Denn die Intensität der Laserstrahlen ist so unvorstellbar hoch, dass man sie nur in einem Vakuumsystem führen kann, weil sie an Luft filamentieren würden. 

Bei der Planung der Anlage und ihrer Sicherheit kommt es auf unzählige Details an, berichtet TÜV Hessen-Experte Rüdiger Burkert, der das Projekt als technischer Berater seit 2017 unterstützt, „Bei der hohen Energie der Laser und der geforderten Präzision am Experiment muss alles schwingungsarm und exakt positioniert sein.“ Extrem stabile Stützen verhindern deshalb, dass die Rohre vibrieren und schwingen. „Ein 3,2 Meter hoher Spiegelturm darf nicht mehr als 10 Nanometer wackeln, das sind 100 Atomlagen“. Die Laser würden sonst nicht exakt an ihrem Ziel ankommen. ELI-Beamlines hat in Kooperation mit weltweit führenden Experten und dem TÜV Hessen ein Laserstrahlführungssystem entwickelt, das an jedem Umlenkpunkt nur 100 Nanorad mechanisch vibrieren wird. Damit kann man auf 500 Metern Entfernung auf ein Haar von 100 Mikrometer Durchmesser zielen.  

Doch nicht nur die Aufhängung der Rohrleitungen muss solide und makellos sein. Im gesamten Leitungssystem darf kein Staubkorn vorkommen. Spiegel leiten die Laser präzise an ihr Ziel. „In den Rohren ist alles poliert und lupenrein“, berichtet Rüdiger Burkert. Damit das gesamte Leitungssystem partikelfrei bleibt, kommen Turbopumpen und vakuumtaugliche ausgegaste Dichtungen zum Einsatz. An den Flanschverbindungen der einzelnen Rohrleitungsabschnitte werden zudem minimale Leckraten gefordert.

Know-how aus Darmstadt

Der Ursprung der Zusammenarbeit von TÜV Hessen und ELI-Beamlines ist in Darmstadt. Dort hat die GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung zusammen mit dem Lawrence Livermore National Laboratory aus Livermore, Kalifornien mit PHELIX den größten PW Laser in Deutschland gebaut. Von den Erfahrungen aus der Errichtung und der Konstruktion profitiert nun ELI-Beamlines. „Die in Darmstadt bei der GSI gesammelten Erfahrungen sind ein großer Vorteil“, berichtet Dr. Stefan Borneis, der als „Senior Consultant Laser Beam Transport“ ELI-Beamlines seit Oktober 2015 unterstützt. „In Darmstadt konnten wir uns vor Ort von der hohen Kompetenz von TÜV Hessen überzeugen und haben beschlossen, dass wir am besten schon in der Planungsphase zusammenarbeiten. Wir haben uns gemeinsam auch mit dem TÜV SÜD Czech in Prag vernetzt.

Die Präzision der Spiegelhalter und der Opto-Mechanik geht bei ELI-Beamlines weit über den Stand der Technik hinaus. Dr. Stefan Borneis wagt einen Ausblick: „Unsere Erkenntnisse werden wir alle zusammen in Darmstadt weiterentwickeln, wenn wir bei dem internationalen Projekt FAIR und der GSI einen hoffentlich noch größeren Laser bauen werden“.