Sustainability

Saubere Innenraumluft trägt wesentlich zur persönlichen Lebensqualität bei. Sie erhöht das Wohlbefinden, sowohl im Alltag als auch bei der Arbeit im Büro.

In Mitteleuropa halten sich Menschen inzwischen zu 90 Prozent ihrer Zeit in Innenräumen auf. Eine gesunde Atmosphäre in geschlossenen Räumen hat daher eine hohe Bedeutung. Eine sprichwörtlich „dicke“ Luft am Büroarbeitsplatz kann zu Unkonzentriertheit, einem sinkenden Leistungsvermögen, Fehlern oder gar Unfällen führen. Von ernsten gesundheitlichen Problemen ganz zu schweigen. Auch in Gewerbe- und Wohnimmobilien oder in Schulen und Kindergärten treten immer wieder gesundheitliche Beeinträchtigungen auf, die mit der Innenraumluft zusammenhängen können.  

Aber wie lässt sich das Innenraumklima und dessen Einfluss auf die Gesundheit objektiv messen? Dr. Markus Binder kennt die Antworten: „Das Wohlbefinden eines Menschen ist immer subjektiv“, sagt der Messstellenleiter von TÜV Hessen. „Deshalb haben wir bei unseren Untersuchungen immer einen umfassenden und möglichst neutralen Blick auf die Aufgabe.“

 

Individuelle Wahrnehmung

Doch die Schadstoffe in Innenräumen sind nicht so leicht zu erkennen. Dabei ist ihre Konzentration häufig um ein Vielfaches höher als in der Außenluft. Weil Menschen stickige Luft, unangenehme Gerüche, Hitze oder Kälte unterschiedlich empfinden, sind auch ihre Reaktionen verschieden. Ab wann körperliche Symptome wie Müdigkeit oder Kopfschmerzen auftreten, liegt an der jeweiligen Konstitution eines Menschen.

Die gesundheitlichen Beschwerden können einen ersten Hinweis auf mögliche Schadstoffe liefern. Unangenehme Gerüche und Schleimhautreizungen können zum Beispiel unter anderem von flüchtigen organischen Verbindungen (englisch: Volatile Organic Compounds, VOC) verursacht werden. Stickige Luft kann auf einen geringen Luftwechsel und gegebenenfalls zu hohe CO2-Konzentration hindeuten. Darüber hinaus können auch Schimmelpilze und Allergene in der Raumluft vorhanden sein. Und das sind nur die bekanntesten Substanzen. „Es gibt unzählige Schadstoffe, die Auswirkungen auf das Wohlbefinden haben“, bilanziert Dr. Markus Binder. „Dafür betrachten wir das gesamte Umfeld schon im Vorfeld einer Untersuchung. Zum Beispiel versuchen wir einzugrenzen, ob es nur in bestimmten Räumen zu gesundheitlichen Problemen kommt“.

 

Hinweis in Gebäuden

Das Alter eines Gebäudes kann ebenso bereits erste Indizien liefern, ob Schadstoffe in den Innenräumen vorkommen, denn vom Baujahr lassen sich Rückschlüsse auf die verwendeten Bauprodukte ziehen. Die Gebäudehistorie ist ebenfalls eine wichtige Quelle für Informationen, denn auch bei Renovierungen können schadstoffbelastete Materialien eingesetzt worden sein. Asbesthaltige Produkte wurden beispielsweise ab den 1950er Jahren in großem Umfang verwendet. Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden etwa bis 1978 in Deckenplatten, Wand- und Deckenanstrichen sowie dauerelastischen Fugenmassen eingesetzt.

Auch aus der Bauart können zusätzlich Hinweise auf schadstoffhaltige Baustoffe gewonnen werden. Fertighäuser der 1960er- und 1970er-Jahre können neben den damals üblichen Holzschutzmitteln wie Pentachlorphenol (PCP) in der Regel auch stark Formaldehyd ausdünstende Spanplatten enthalten. Erst in den 1980er Jahren wurden emissionsarme Spanplatten entwickelt. Der Einsatz von bestimmten Holzschutzmitteln im Innenraum wurde stark eingeschränkt, ganz verboten, oder es wurden alternative Wirkstoffe eingesetzt.

 

Analyse im Labor

In Kombination mit den gesundheitlichen Beschwerden entsteht aus diesen Informationen das Suchprofil, mit dem die Schadstoffe des Innenraums ermittelt werden. Dennoch beginnt Dr. Markus Binder ergebnisoffen mit den Messungen. Dafür weiß er zu gut, wie komplex die Zusammenhänge zwischen Symptomen und Schadstoffen sein können.

Je nach Fragestellung verläuft anschließend die Messung. Bei Geruchsbelastung ist zum Beispiel häufig eine Luftprobenahme sinnvoll. Dafür verwendet Dr. Markus Binder eine Probenahmepumpe, die mit Unterdruck Luft ansaugt und durch ein Sammelröhrchen leitet. Im Röhrchen werden die Stoffe angereichert und festgehalten. Im Labor wird später eine detaillierte Analyse durchgeführt und die Stoffkonzentrationen in der Raumluft werden ermittelt. Für Untersuchungen des thermischen Klimas wird ein eigenes Mess-Set mit verschiedenen Sensoren verwendet, welches die physikalischen Daten aufnimmt und auf einem Display anzeigt. Die Ergebnisse können zudem über einen langen Zeitraum aufgezeichnet werden. Darüber hinaus gibt es weitere Sensoren, etwa um den CO2-Gehalt in der Luft zu bestimmen.

Die Ergebnisse zeigen, ob und wie gesundheitsschädlich die Konzentrationen der Schadstoffe in der Raumluft sind. Daraus ergeben sich Handlungsempfehlungen, um die Belastung nachhaltig zu senken. Häufig reichen bereits einfache Lösungen, wie häufigeres Lüften bei erhöhten VOC-Konzentrationen in der Luft. Damit lassen sich die flüchtigen Verbindungen oft gut abtransportieren. Doch nicht immer ist es so einfach. „Wenn sich die Situation über einen längeren Zeitraum nicht ändert, kann es notwendig werden, bauliche Maßnahmen umzusetzen, um erkannte Schadstoffquellen zu entfernen“, bilanziert Dr. Markus Binder.