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Es brennt. Der Rauch und die Hitze der Flammen machen das Atmen schwer. Rettungskräfte begeben sich in Gefahr, um Menschen zu evakuieren. Ist der Brand gelöscht, können die Feuerwehrleute erstmal erleichtert aufatmen. Doch das Risiko für die Gesundheit bleibt bestehen. Kleidung und Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr können mit Asbest kontaminiert sein.

In Brandsituationen sind die Einsatzkräfte der Feuerwehr vielen verschiedenen Gefahrenstoffen ausgesetzt. Vor allem in alten Gebäuden wurden Baustoffe verwendet, die schwere Gesundheitsschäden auslösen können. Dazu zählen beispielsweise Asbest oder künstliche Mineralfasern. Bei einem Brand werden die giftigen Fasern freigesetzt und können schwere Erkrankungen zur Folge haben.

Laut zahlreichen internationalen Untersuchungen sind Rettungskräfte häufiger von Krebs betroffen als die Durchschnittsbevölkerung. Rauch oder Qualm sind sicherlich die wesentlichen Ursachen dafür – doch auch die Gefahr, die von unsichtbaren Asbestfasern ausgeht, darf nicht unterschätzt werden. Jörg Heck, Brandoberinspektor der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden, ist sich der Gefahr bewusst, die von Asbeststaub ausgeht: „Es gibt immer mehr Hinweise, dass Feuerwehrleute erhöhter Krebsgefahr ausgesetzt sind. Deshalb haben wir damit begonnen, unsere Abläufe bei der Behandlung kontaminierter Kleidung und Geräte neu auszurichten“.

 

Herausforderung Asbest

Einer kanadischen Studie von 2018 zufolge ist Krebs die Ursache für 86 Prozent der Todesfälle unter Feuerwehrleuten – sowohl bei hauptamtlichen als auch freiwilligen Rettungskräften. Die Untersuchung zeigte zudem, dass die krebserregenden Giftstoffe von den Einsatzkräften auch verzögert über ihre Haut oder Lunge aufgenommen wurde. Die Ursache sind Partikel oder Fasern, die sich in Kleidung oder Einsatzwagen einnisten, wenn nach einem Brandeinsatz keine schnelle Reinigung erfolgt.

Der massive Einsatz von Asbest beim Bau von Gebäuden in der Nachkriegszeit in Deutschland wird deshalb für Feuerwehren zunehmend zu einer großen Herausforderung. „Beim Umgang mit Asbest, etwa beim Renovieren, muss ein Schwarz-Weiß-Bereich eingerichtet werden“, erklärt Markus Ellenberger, Abteilungsleiter Umwelttechnik bei TÜV Hessen. „Im Schwarz-Bereich arbeitet man mit Vollschutzkleidung. Sobald man diesen Arbeitsbereich verlässt, muss die kontaminierte Kleidung komplett ausgezogen werden.“ So bleibt der Weiß-Bereich frei von den gefährlichen Fasern.“

Die Schutz-Regeln, die bei Sanierungen oder Renovierungen in einem Gebäude gelten, können bei einem Brand jedoch nicht angewandt werden. Daher gehen Feuerwehrleute grundsätzlich davon aus, dass ihre Kleidung kontaminiert ist und legen sie schon am Einsatzort ab. Anschließend fahren sie mit sauberer Kleidung zur Wache, um zu duschen. Die kontaminierte Kleidung wird hingegen noch am Ort verpackt und gelagert. Besteht der Verdacht, dass Asbest beteiligt sein könnte, hängt der Reinigungsprozess vom Ergebnis von an der Einsatzstelle entnommenen Proben ab.

 

Hilfe für die Helfer

Zur Untersuchung der entnommenen Proben wandte sich die Feuerwehr Wiesbaden an TÜV Hessen. Auslöser war der konkrete Asbest-Verdacht beim Brand eines Eternit-Dachs in einer Kleingartenanlage. Wegen der luftigen Umgebung war das Risiko dort zwar überschaubar – doch in der Stadt muss die Feuerwehr mit viel schwierigeren Bedingungen rechnen. Denn Asbest kann in zahlreichen Varianten in einem Gebäude vorhanden sein und bei einem Brand freigesetzt werden.

Für die Feuerwehr Wiesbaden waren die Gartenhausbrände der Impuls, um aktiv zu werden und eine eigene Expertise aufzubauen. Ziel ist, den Umgang mit asbest-kontaminierten Einsatzgeräten, Atemschutzgeräten und Einsatzkleidung optimal abzusichern. „Zunächst haben wir die Abläufe bei der Behandlung von kontaminiertem Arbeitsmaterial auf den Prüfstand gestellt“, sagt der Brandoberinspektor. „Dabei hat uns der TÜV Hessen mit seiner Expertise unterstützt. Die Möglichkeiten einer raschen Analyse von den Laboren helfen uns dabei, eine Asbestbelastung zu bestätigen oder zu entkräften.“

 

Ergebnis bestimmt Reinigung

Die Einsatzkleidung und die betroffenen Geräte wurden für diese Analyse noch am Einsatzort sicher und luftdicht verpackt. Das vermied eine zusätzliche Belastung der Einsatzfahrzeuge mit Giftstoffen und Fasern. Dafür wurde direkt an der Einsatzstelle eine Probe entnommen. Für die Zukunft plant die Feuerwehr Wiesbaden, auch auf der Wache wurden proben des verdächtigen Materials zu entnehmen. Auch Kontaktproben mit einem Klebestreifen sind eine Möglichkeit, um Asbest zu ermitteln.

Untersucht wurden die Kontaktproben mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) im Labor von TÜV Hessen. Die vorliegenden Ergebnisse wurden anschließend nach Wiesbaden geschickt, damit die Feuerwehr zügig mit der Reinigung beginnen konnte. „Die Ergebnisse lagen sehr schnell und zuverlässig vor. Das war eine immense Hilfe für uns“, bilanziert Jörg Heck. „So konnten wir entscheiden, wie wir mit dem kontaminierten Material umgehen“.

Bei einem negativen Ergebnis können Kleidung und Geräte ganz normal gereinigt werden. Nur wenn bei den Proben Asbest gefunden wird, ist eine spezielle Behandlung notwendig. Material mit glatter Oberfläche kann vergleichsweise gut gereinigt werden. Saugen die Geräte Luft an, bringen sie die Fasern allerdings ins Innere. „Eine Reinigung ist dann nicht mehr möglich“, bestätigt Jörg Heil. „In diesem Fall sind wir gezwungen, die Geräte fachgerecht zu entsorgen und Ersatz zu beschaffen. Gleiches würden wir bei einer sehr hohen Asbestbelastung in Erwägung ziehen.“

 

Belastbares Konzept

Um in Fragen zu Asbest auch künftig auf Nummer Sicher zu gehen, plant die Feuerwehr Wiesbaden auch weiterhin mit TÜV Hessen zusammenzuarbeiten. Dabei profitiert sie von der langjährigen Erfahrung des Prüfdienstleisters. „Wir haben bereits für mehrere Feuerwehren belastete Proben untersucht, deshalb kennen wir die Anforderungen der Branche und können auf Basis unserer Ergebnisse die passenden Empfehlungen geben“, sagt Markus Ellenberger.

Die Expertise von TÜV Hessen nutzt die Feuerwehr Wiesbaden zudem bereits direkt am Einsatzort. „Wir haben uns entscheiden, unsere Einsatzleitwagen mit einem Asbest-Test auszustatten“, berichtet Jörg Heck. „Damit können wir unmittelbar nach einem Einsatz eine Probe sicher entnehmen und ins Labor schicken. So erfahren wir schnell, ob Asbest beim Einsatz ausgetreten ist und können entsprechend entscheiden, wie wir damit umgehen.“